Hohlleiterfilter
Interdigitaler Bandpassfilter für 2405 MHz 

 

In letzter Zeit beschäftige ich mich mit Komponenten zum Aufbau einer DATV-fähigen QO-100 Station und habe deshalb einen interdigitalen Bandpassfilter für 2405 MHz (13 cm Uplink-Frequenz) mit 30 Mhz Bandbreite berechnet, konstruiert und anschließend vermessen. In diesem Beitrag geht es daher um die Planung und den praktischen Aufbau solcher Filter für unterschiedliche Frequenzen von 400-5000 MHz…

Bereits seit Ende 2020 beschäftige ich mich mit der Konstruktion eines geeigneten DATV-Senders etwas höherer Leistung für den QO-100 Satelliten. Bei meinen Recherchen im Internet konnte ich keinen kommerziellen Bandpassfilter für den 13 cm Uplink zum QO-100 finden, der die benötigte Bandbreite, eine möglichst kleine Einfügedämpfung und die gewünschte Belastunsfähigkeit für mein Projekt aufwies. Infolge dessen studierte ich geignete Fachliteratur in Buchform und vor allem auch im Internet. HRF-2.jpg

Fertig aufgebauter Filter

Theorie: Ein Hohlleiterfilter ist ein in der Mikrowellentechnik eingesetzter passiver Filter in Form eines speziell ausgestat-teten Hohlleiters. Er dient dazu, bestimmte  Frequenzen der sich im Hohlleiter ausbreitenden elektromagnetischen Welle zu unterdrücken oder passieren zu lassen. Hohlleiterfilter sind aufgrund ihres Aufbaues auf die Frequenzbereiche der im Hohlleiter nutzbaren Schwingungsmoden einge-schränkt. Der obere Einsatzbereich ist durch die üblichen Schwingungsmoden wie TE10 im rechteckigen Hohlleiter limitiert. Somit eignen sich diese nur als Bandpassfilter bzw. Bandsperren. Die konkreten Frequenzen richten sich nach der Anwendung und liegen üblicherweise im Bereich zwischen 1 GHz bis zu 1 THz. Der Vorteil von Hohlleiterfiltern sind die geringen Verluste und die Einsetzbarkeit auch bei sehr hohen Sendeleistungen bis in den MW-Bereich. Nachteilig sind die durch die Frequenz bzw. Wellenlänge vorgegebenen Abmessungen und das daraus resultierende hohe Gewicht sowie der hohe Aufwand bei der Herstellung und Justage der Filter. Hohlleiterfilter folgen im Aufbau meist einer bestimmten Grundstruktur in der Geometrie, welche mehrfach wiederholt wird, um so die gewünschte Übertragungsfunktion zu realisieren. Diese Grundstrukturen stellen auf die jeweiligen Frequenzen abgestimmte Resonatoren dar. Üblich sind Hohlraum-resonatoren oder auch dielektrische Resonatoren. Die Anschlüsse zur Ein- und Auskopplung sind dabei wie bei Hohlleitern gestaltet, zusätzlich kann eine Struktur zur Anpassung des Wellenwiderstandes oder zur Ankopplung eines Koaxialkabels vorliegen. Je nach Aufbau des Filters umfassen die einzelnen Filterstrukturen von außen zugängliche Justierschrauben, wie es bei Hohlraumresonatoren und dielektrischen Resonatoren üblich ist. Die Metallschrauben ragen bei Hohlraum-Resonatoren in den Innenraum des Hohlleiters und erlauben, die geometrische Form der metallischen Randstruktur im Resonator zu verändern. Die einzelnen Abgleichelemente müssen vor der Verwendung des Filters auf die gewünschte Übertragungsfunktion eingestellt werden. Dabei wird bei dem fertig zusammen-gebauten Filter mit Hilfe von Messgeräten wie Netzwerkanalysatoren der gewünschte Frequenzgang des Filters eingestellt. Da diese Justage für die Funktion wesentlich ist, werden die Einstellelemente üblicherweise mechanisch in der Position mit Schraubensicherungslack oder Muttern fixiert.HRF-1.jpg

Geöffneter Filter mit N-Buchsen und GammaMatch

Ein Interdigitaler Bandpassfilter ist ein H.-Filter mit mindestens zwei oder mehreren sogenannten Stubs (Resonatoren) mit einer ungefähren elektrischen Länge von  der Resonanzfrequenz, die einseitig über eine gemeinsame Ground Plane verbunden und am anderen Ende offen in einem Metallgehäuse mit genau dimensioniertem Innenraum und Abstand zueinander und zu den begrenzenden Seitenwänden montiert sind. Die Anordnung der Stubs erfolgt dabei beim Blick von Oben auf die Ebene der liegenden Stubs so, dass diese jeweils wie sich verschränkende Finger zweier Hände angeordnet sind. Die Enden mit Verbindung zur Ground Plane wechseln sich dabei mit den offenen Enden ab. Die Breite dieser Ebene sollte möglichst   betragen, sonst kann sich im Filter keine elektromagnetische Welle ausbreiten! Der erste Stub dient der Einspeisung, der letzte der Auskopplung des Nutzsignals über einen Gamma-Match. Je mehr Stubs im Filter vorhanden sind, desto schmalbandiger wird dieser. Entsprechend steigt auch die Güte des Filters sowie die Durchgangsdämpfung an. In der Praxis verwendet man selten mehr als 5 oder 6 Stubs, da sonst der Aufwand beim Aufbau und Abgleich zu groß wird.

Berechnung: Bei meinen Recherchen stieß ich auf einen interessanten Artikel, der in der Zeitschrift Ham Radio vom Januar 1985 von Jerry Hinshaw, N6JH veröffentlicht wurde. Darin geht es insbesondere um die Berechnung und den Aufbau interdigitaler Bandpassfilter mittels der damals üblichen Programmiersprache IBM PC BASIC. Leider ist das damals veröffentlichte Programm ohne gröbere Anpassungen in keiner aktuellen BASIC-Version mehr lauffähig, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, es gleich in geeigneter Form nach JavaScript zu übersetzen und auf meiner Homepage (siehe Link) zu veröffentlichen.
Das Programm erlaubt es nach Eingabe einiger grundlegender Informationen, die Dimensionen eines interdigitalen Hohl-leiterfilters und der Stubs sowie der zu erwartenden Eigenschaften zu berechnen. So kann man bereits vor Beginn der Konstruktion die am besten geeignete Filter-Konfiguration solange simulieren, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Homepage.jpg

Online-Berechnungsprogramm auf oe7wpa

Planung: Für meine Zwecke habe ich mich für einen interdigitalen Hohlleiterfilter mit drei 8mm Kupfer-Stubs und geringer Durchgangsdämpfung (0.94dB) der Mittel-frequenz in einem gefrästen Aluminium-gehäuse entschlossen. Die Filterfrequenz habe ich mit 2405 MHz, die -3dB Bandbreite mit 30 MHz festgelegt. Über den ersten und den letzten Stub wird mittels Gamma-Match das Signal eingespeist bzw. ausgekoppelt. Somit ergibt sich auch ein vernünftiges SWR von 1:1.71. Das gefräste Aluminiumgehäuse und den Deckel habe ich  in FreeCAD gezeichnet. Hier kann man auch gleich alle notwendigen Bohrungen, Aussparungen und Befestigungsmöglichkeiten planen:FreeCAD.jpg

Zeichnen in FreeCAD

Anschließend kann man aus dem Programm heraus ein Stepfile exportieren, das man für den CNC-Fräsauftrag bei jedem Hersteller benötigt. Manchmal muss man hier aber noch zusätzlich bemaßte Pläne mitliefern:CageStyleSheet.jpg

Bemaßter Plan für die Auftragserteilung

 

CoverStyleSheet.jpg

Bemaßter Plan des Deckels

Simulation: Um auf Nummer sicher zu gehen, dass der Filter anschließend auch funktioniert, habe ich die .stp Datei in das Simulationsprogramm CST-Studio Suite importiert und auch die entsprechenden Einspeisepunkte eingezeichnet:

CSTStudioSuite_1.jpg

Import der .stl-Datei in CST-Studio Suite

Anschließend habe ich noch verschiedene Berechnungen durchgeführt, wobei hier S1,2 natürlich besonders interessant für das spätere Ergebnis ist:CSTStudioSuite_2.jpg

Simulation und Berechnung in CST-Studio Suite

Nach Abschluss der Simulation habe ich das Aluminiumgehäuse sowie den Deckel bei xometry.de CNC-fräsen lassen. Drei Stück incl. Porto kamen somit auf € 293,-. Die Ausführung inklusive Bohrungen ist äußert präzise, die Gewinde habe ich mir allerdings selbst geschnitten, sonst hätte sich alles weiter verteuert. Somit musste ich nur noch die Gewinde schneiden, die Gamma-Matches an die Stubs löten, und die Stubs und die Justageschrauben, die N-Buchsen sowie den Deckel montieren…
Abgleich: Um den Filter richtig abgleichen zu können habe ich nachträglich die Stubs noch leicht gekürzt (1mm).  Als VNA habe ich den MiniVNA-Tiny mit zwei identisch aufgebauten 30cm langen Kabeln mit jeweils SMA- auf N-Steckern verwendet.IMG_20201204_085627.jpg

Messaufbau mit dem Mini-VNA Tiny

Zuerst wurden die Kabel an den VNA angeschlossen und über einen N- auf N-Stecker verbunden. Somit kann der VNA vor dem Messvorgang kalibriert werden und auch der Verlust der Kabel und Stecker wirkt sich im darauffolgendem Messdurchgang nicht aus. Bei den anschließend durchgeführten Duchgangsmessungen S1,2 und S1 (Mit 50 Ohm Abschlußwiderstand) zeigten sich nach einigen iterativen Justageschritten durch Hinein/Herausschrauben der Gewindeschrau-ben und anschließender Fixierung mit einer Kontermutter recht gute Ergebnisse, die fast wie in der Berechnung/Simulation waren.VNA-1.jpgS1,2 bzw. Transmission-LossVNA-2.jpg

S1,1 und Return Loss mit 50 Ω an S2

VNA-3.jpg

Transmission Loss 0-3000 MHz

Resumé: Wenn auch die Planung, der Aufbau und der anschließende Abgleich eines interdigitalen Hohlraumfilters einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand bedeuten, so ist es doch für jeden Funkamateur lohnend, sich näher mit dieser Filterart zu befassen. Durch Simulation kann einiges an falschen Aufbauten ausgelassen werden und man kommt recht einfach zu einem funktionierendem Ergebnis. Der gebaute Filter hat eine recht gute Dämpfung der harmonischen Frequenzen und insbesondere eine geringe Durchgangsdämpfung sowie eine noch brauchbare Bandbreite. Konstruktions-bedingt ist er für Leistungen bis 500 W noch gut einsetzbar und zeigt auch ein vernünftiges SWR.

Bei etwaigen Fragen wenden Sie sich bitte an den Autor, er antwortet auch gerne  per email: oe7wpa@oevsv.at

Quellen:

1 de.wikipedia.org/wiki/Hohlleiterfilter
2 https://oe7wpa.com/index.php/projekte/elektronik/filter/interdigital-bandpass-filter-design
3 www.freecadweb.org/
4 HamRadio vom Januar 1985 von Jerry Hinshaw, N6JH: Computer-aided interdigital bandpass filter design
5 D.Morgan and R.Raglan, “Lumped element filters for electronic warefare systems, “Microwave J., vol.29, pp.127-136, Feb. 1986.
6 Davud M.Pozar, “Microwave Engineering”, 3rd Edition, John wiley sons, Inc., USA. 2005
7 R.J.Wenzel,”Exact Theory of interdigital bandpass filters and related coupled structures,” IEEE Trans. Microwave Theory Tech., vol.MTT13, pp.559-575, sept.1965.
8 G.L.Matthaei, “Interdigital band-pass filters” IRE filters, Trans.Microwave Theory Tech., vol.MTT-10, pp.479-491, Nov.1962.
9 G. Matthaei, L. Young, and E.M.T. Jones, Microwave Filters, Impedance Matching Networks, and Coupling Structures, Mc.Graw-Hill, NewYork, 1964
10 M. Dishal, “A Simple Design Procedure for Small Percentage Bandwitdth Round-Rod Interdigital Filters” IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques, MTT-13, Number 5, September, 1965, pages 696-698
11 V.P Leonchenko, A.L. Feldstein, and L.A. Shepelyanskii, Design of Interdigital Bandpass Filters, Svyaz, Moscow, 1975
12 UHF-Kompendium, Verlag Rudolf Schmidt, Hof/Saale, West-Deutschland, 1982


Bezugsquellen:
xometry.de (CNC-Frästeile)
wimo.de (N-Buchsen)

amazon.at (Messkabel)

 

VY 73 de Werner, OE7WPA